B8: Spannungen und Gitterdynamik multiferroischer Systeme
Das Ziel dieses TP ist die experimentelle Untersuchung der mechanischen Spannungen und der Gitterdynamik an Grenzflächen oxidischer und multiferroischer Schichtsysteme sowie deren Beschreibung im Rahmen von ab-initio-basierten Rechnungen.
Für die Funktionalität multiferroischer Schichtsysteme ist die Kopplung von magnetischen und ferroelektrischen Eigenschaften über Verspannungen an der Grenzfläche ein zentraler Mechanismus. Für die Kopplung von piezoelektrisch induzierter Dehnung und magnetischer Anisotropie sind die magnetostriktiven Eigenschaften der ferromagnetischen Komponente entscheidend. Wie aus eigenen Vorarbeiten an metallischen Systemen zu erwarten ist, sind die magnetostriktiven Eigenschaften von kleinsten Dehnungen stark beeinflusst. Für eine Beschreibung der Kopplung an multiferroischen Grenzflächen ist daher das Verständnis von Gitterverspannung und -relaxation bei Filmwachstum und deren Wechselspiel mit den ferroelektrischen und magnetischen Eigenschaften eine wichtige Voraussetzung. Hier kann die Spannungsmessung wichtige quantitative Ergebnisse liefern. Aber erst in Kombination mit Gitterdynamik und ab-initio-Rechnungen von Phononen und Spannungen ist ein sehr viel tieferer Einblick in das subtile Wechselspiel zwischen Spannung, Dehnung, Phononen-Softening und Struktur möglich. Dieses Teilprojekt strebt eine Beschreibung dieser Phänomene an, die weit über das oft genutzte, auf einfachen Modellen zu interatomaren Kraftkonstanten beruhende Bild hinausgeht.
Entsprechend werden in diesem Teilprojekt Experimente zu Gitterverspannung und Gitterdynamik (Spannungsmessungen mittels Kristallkrümmungstechnik und Hochaufgelöste Elektronenenergieverlustspektroskopie) mit der theoretischen Beschreibung basierend auf der Dichtefunktionaltheorie kombiniert. Die geplante Kombination dieser experimentellen und theoretischen Methoden zur Untersuchung von Spannung und Dynamik des gleichen Systems ist neu und einzigartig. Sie nutzt im besonderen Maße die an beiden Standorten, MLU und MPI, vorhandene Expertise aus. Multiferroische Schichtsysteme sind eine Abfolge komplexer Materialien mit äußerst komplizierten Strukturen. Daher soll angesichts der angestrebten ab-initio-Beschreibung der Systeme in dieser Förderperiode zunächst ein Einstieg an einfacheren Systemen (Wechselspiel von Spannungen und Phononen an epitaktischen Übergangsmetalloxidschichten) etabliert werden. Ein kontinuierlicher Übergang zu komplexeren Systemen soll danach erfolgen, mit der Vision, Spannungen und Gitterdynamik an multiferroischen Schichtsystemen bestimmen, beschreiben und damit letztlich gittervermittelte Kopplungsmechanismen verstehen zu können.